Es ist noch gar nicht so lange her, da las ich ein Buch, das mein Leben veränderte. Es trägt den Titel „Breath“, übersetzt also „Atmung“, ist eines der meistverkauften Sachbücher der vergangenen Jahre und war ein Geschenk von Patrik Kühnen. Wir begannen gerade mit der Arbeit an unserem eigenen Werk ENJOY YOUR GAME. Patrik hatte „Breath“ gelesen und war von den Erkenntnissen, die der amerikanische Journalist James Nestor auf beeindruckende Weise beschreibt, so angetan, dass er sie mir nicht vorenthalten wollte. Schließlich spielt die richtige Atmung beim Tennis auch eine wichtige, aber oft unterschätzte Rolle. Ich atme seit dem Lesen der Lektüre bewusster. Nicht immer, wer kann das schon? Aber sehr viel öfter als ich es früher getan habe. Die Wirkung ist faszinierend. Je mehr ich mich auf meine Atmung konzentriere, desto vitaler fühle ich mich. Ich stelle zum Beispiel fest, dass bestimmte Atemtechniken (s.u.) zu weniger Muskelkater führen – beeindruckend.
Unsere Atmung beeinflusst unsere Leistungs- und Regenerationsfähigkeit. Sie wirkt sich auf unser allgemeines Wohlbefinden und unsere Konzentration aus. Und sie kann das Leben verlängern. Falsches Atmen nämlich – dazu gleich mehr – begünstigt viele chronische Erkrankungen, das belegen inzwischen zahlreiche wissenschaftliche Studien. Die Art und Weise, wie die Luft in unsere Lunge strömt, beeinflusst unser gesamtes Leben und auch die Frage, ob und wie wir unser körperliches und geistiges Potenzial nutzen. Nestor schreibt: „Wie sehr wir auch auf die Ernährung achten, wie viel Sport wir treiben, wie widerstandsfähig unsere Gene sein mögen, wie schlank, jung und klug wir auch sind – das alles hilft nichts, solange wir nicht richtig atmen. Der fehlende Stützpfeiler der Gesundheit ist die Atmung. Sie steht am Anfang.“
Klar ist: Fast alle Menschen atmen zu wenig durch die Nase und zu viel durch den Mund ein – erst recht bei intensiver Belastung. Fakt ist auch: Die Mundatmung schadet der Gesundheit. Sie versetzt den Körper in einen Stresszustand, führt zu schnellerer Ermüdung und reduziert die Leistungsfähigkeit. Es heißt, der Körper verliere so bis zu 40 Prozent mehr Wasser – wer am Morgen mit trockenem Mund erwacht, spürt das selbst. Das größte Problem, das Nestor ausführlich medizinisch erklärt und durch eigene Versuche belegt: Mundatmung führt zu mehr Mundatmung, da sich die Atemwege mit der Zeit verengen. Je seltener wir durch die Nase einatmen, desto schwerer fällt uns das mit der Zeit. So entsteht ein gefährlicher Kreislauf, der Schnarchen, Schlafapnoe, allgemeine Atembeschwerden und auch schwerwiegende Erkrankungen, zum Beispiel des Herz-Kreislaufsystems verursachen kann.
Das vertiefte Verständnis über die Bedeutung der richtigen Atmung für unseren Körper sollten wir Tennisspieler uns alle zunutze machen. Natürlich aus medizinischer Sicht und ebenso um die Leistungsfähigkeit des Körpers zu erhöhen – daran sind schließlich auch Freizeitspielerinnen und -spieler interessiert. Aber auch, weil die Atmung ein Wunder-Werkzeug für die Konzentration zwischen den Ballwechseln und beim Seitenwechsel sein kann. Beides sind äußerst kritische Phasen in einem Match, in denen wir (zu) viel Zeit haben, uns in Selbstverurteilungen, destruktiven Monologen, Selbstzweifeln, Wut und Ärger zu verlieren. Die Fokussierung zwischen den Punkten und in der Pause auf der Bank ist deshalb fast noch wichtiger als während des Spielens. Das bewusste Atmen beim Tennis ist dafür ein Zauber-Tool.
Die Atmung kann ein Match entscheiden, und zwar auf jedem Leistungsniveau. Sie kann den Puls beruhigen, entweder nach hoher Belastung oder wenn die Nervosität besonders stark ist. In Momenten der Lethargie kann sie aber auch wie ein Gaspedal wirken und die nötige Energie freisetzen, die wichtig ist, um das vorhandene Potenzial auch wirklich zu nutzen. Viele Profis integrieren diese Erkenntnisse inzwischen in ihr Training. Novak Djokovic gehört zu den Spielern, die offen über ihre Atem- und Meditationsroutinen sprechen.
Auch der Grieche Stefanos Tsitsipas erzählte einmal, dass er bereits seit vielen Jahren mit einem Sportpsychologen zusammenarbeite, der ihm verschiedene Atemtechniken beigebracht habe, die ihm heute helfen, in engen Phasen eines Matches Stress abzubauen und die Kontrolle über das Spiel zu bewahren. Nur wenige Freizeitspieler sind sich der Bedeutung bewusst, die das Atmen beim Tennis auf ihre Konzentration und Leistungsfähigkeit hat. Wer sich damit befasst und für sich herausfindet, was die Atmung bewirkt und in welchen Situationen welche Atemtechnik hilfreich ist, kann sich einen erheblichen Vorteil verschaffen.
Einen Teil des Textes habe ich aus meinem Buch ENJOY YOUR GAME zitiert. Es trägt den Untertitel: Warum Tennis das schönste Spiel des Lebens ist – und wie du immer gewinnst! Ich habe es gemeinsam mit Patrik Kühnen geschrieben. Kein klassisches Trainingsbuch, sondern ein Schmökerwerk mit ganz vielen Impulsen, die vor allem die Freude am und die Liebe zum Spiel in den Fokus rücken. Im besten Fall machen sie nicht nur das Tennisspiel leichter und schöner, sondern sogar den Rest des Lebens…
Bestellen kannst du ENJOY YOUR GAME zum Beispiel über diesen Link.