Ein Extremsportler entdeckt seine innere Welt im Gebirge
26. November 2020Denken ohne Ängste und Zweifel
14. Dezember 2020Mehr Achtsamkeit zu Weihnachten – so funktioniert's!
Hat Weihnachten in Zeiten von Corona einen anderen Stellenwert? Gedanken über das Geschenk des Lebens, über Akzeptanz und Dankbarkeit – und wie wir die Adventszeit mit Achtsamkeit gestalten können.
Neulich lauschte ich in einem Online-Seminar einer Kurzgeschichte, die mich dazu inspirierte, mein Leben mal wieder aus anderen Augen zu betrachten. Ich habe sie umgeschrieben, um einige Gedanken ergänzt und ihr einen etwas anderen Dreh verpasst. Sie handelt von einem alten Mann, der nach seinem Tod auf Gott trifft und geht so:
Als die Lebensreise eines Mannes nach 80 Jahren endet, empfängt Gott den Verstorbenen in seinem Reich. Er begrüßt ihn freudig mit einem warmen Lächeln und möchte von ihm hören, wie es ihm auf der Erde ergangen sei. Gott erzählt ihm: „Weißt du, ich habe Millionen Jahre benötigt, um euren Planeten zu erschaffen. Und ich habe viele weitere Millionen Jahre für den menschlichen Körper gebraucht. Seine Entwicklung war meine größte Herausforderung und hat mich eine Menge Arbeit gekostet – weil seine Funktionsweise so komplex ist, er besonders leistungsfähig werden sollte, anders als die Körper aller anderen Lebewesen.“
Gott spricht weiter: „Ich habe dir vor 80 Jahren einen solchen Körper geschenkt. Du hast von mir das am besten ausgestattete Erfahrungsinstrument für das Leben auf der Erde erhalten. Ich hätte dich damals genauso gut in den Körper eines Marienkäfers, Eichhörnchens oder Flusspferds stecken können – aber du hast einen menschlichen Körper bekommen, um mit diesem die Erde für eine Weile mitzugestalten.“
„Wieviel Freude hattest du?“
Dann fragt Gott: „Wie hat dir mein Geschenk gefallen? Welche der unzähligen Fähigkeiten deines menschlichen Körpers hast du am meisten zu schätzen gelernt? Wofür hast du diese Fähigkeiten genutzt? Und das Wichtigste: Wieviel Freude hattest du dabei?“ Der Verstorbene blickt Gott verdutzt an, mit diesen Fragen hatte er nicht gerechnet. „Nun, darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht“, stammelt er. „Zunächst hatte ich allerhand damit zu tun, die Regeln der Gesellschaft für ein angepasstes Leben zu lernen. Als ich sie verstanden hatte, musste ich viel und hart arbeiten, um Geld zu verdienen. Und schließlich, als ich endlich genügend Weisheit erlangt und ausreichend Zeit hatte, um das Leben zu genießen, war ich alt und gebrechlich. Jetzt bin ich schon wieder hier. Um ehrlich zu sein: Das ging alles viel zu schnell da unten!“
Weihnachten in Zeiten von Corona
Noch gute zwei Wochen bis Weihnachten. Ändert die Pandemie in diesem Jahr den Stellenwert, den wir dem Fest beimessen? Die Antwort ist vermutlich, wie alles im Leben, eine Frage der Perspektive. Unstrittig ist: Wieder ist ein Jahr vergangen. Der eine mag sagen: „Zum Glück! Lasst uns Weihnachten hinter uns bringen und dann weg mit dir, du barbarisches 2020! Hast so viel Leid gebracht, uns der Normalität beraubt, die Freiheit genommen. Du warst abscheulich, anstrengend, zehrend. Es kann nur besser werden!“
Der andere möchte entgegnen: „Die letzten Monate waren zwar hart und zäh. Aber in keiner Phase meines Lebens habe ich in so kurzer Zeit so viel über mich selbst lernen dürfen. Dafür bin ich dankbar. Ich habe endlich erkannt, was mir wirklich wichtig ist – und deshalb war es trotz vieler Widrigkeiten ein gutes Jahr. Nun darf der Zauber der Weihnacht für Stunden der Besinnlichkeit, Ruhe und Einkehr sorgen.“ Beide haben recht. Doch welcher Blickwinkel ist hilfreicher?
Was ist die Alternative zur Akzeptanz?
„Glück ist eine Folge der Akzeptanz dessen, was ist“, sagt Buddha. Ich finde: Seine Erinnerungen wirken immer wieder in der Tiefe. Die Umsetzung ist dennoch manchmal so schwierig, wie das Wackeln mit dem Mittelzeh. Ist es zynisch, einem Menschen zur Akzeptanz zu raten, der gerade um seine wirtschaftliche Existenz bangen, unter Einsamkeit leiden, von einem geliebten Menschen oder gar selbst vom Leben Abschied nehmen muss? Vielleicht. Andererseits: Welche sinnvolle Alternative zur Akzeptanz besteht, wenn sich eine Situation mit Gewissheit nicht ändern lässt? In einem Buch vom Dalai Lama las ich neulich ähnlich gescheite Worte: „Warum soll man sich sorgen, wenn sich ein Problem lösen lässt?“, fragt er. „Wenn es eine Lösung gibt, dann braucht man sich doch nicht zu ängstigen. Und wenn etwas unabänderlich ist, dann muss man sich fügen.“ Klingt wie der Gipfel der Weisheit. Womöglich ist er es.
Raum für Reflexionen
Mit Achtsamkeit im Augenblick
Was das mit der kleinen Parabel vom Anfang zu tun hat? Ich finde, eine Menge. Sich regelmäßig in Achtsamkeit dem Augenblick hinzugeben und darüber zu sinnieren, was das Leben wirklich ausmacht, lässt Demut und Dankbarkeit entstehen. Die Akzeptanz des Hier und Jetzt weitet den Blick, das Wesentliche wird sichtbarer, das Unwichtige verblasst. Probleme werden schmaler, Lösungswege breiter. Die destruktive Stimme im Kopf bekommt einen Maulkorb verpasst, die Verbindung zur Intuition wird gefestigt.
Zeit für eine Innenschau
Corona lädt die Menschen ein, sich mehr mit sich selbst auseinanderzusetzen. Zeit allein zu verbringen. Ins Innere zu schauen. Dorthin, wo etwas gesehen werden will. Nicht die Augen zu verschließen. Eine Pause einzulegen, weil es zwecklos ist zu rudern, wenn die Paddel nicht mehr bis ins Wasser reichen. Sich mit Fragen zu konfrontieren, die ein Steigbügel sein können, um eine Krise nicht nur zu überstehen, sondern an ihr zu wachsen: Wie gefällt mir das Geschenk des Lebens? Welche meiner menschlichen Fähigkeiten weiß ich am meisten zu schätzen? Wofür nutze ich sie? Und wieviel Freude habe ich dabei? Nicht alle haben das Verlangen nach einer intensiven Innenschau. Wie dienlich sie sein kann, das würde ich inzwischen am liebsten jedem berichten, der sich nicht rechtzeitig ins Ausland absetzt.
Entspannung und Besinnlichkeit
Die Weihnachtszeit ist prädestiniert für eine sorgfältige innere Inventur – in diesem Jahr mehr denn je. Sich vor dem Fest endlich einmal nicht fühlen zu müssen wie ein überbuchter ICE ist zusätzlich hilfreich. Weniger Freizeitstress, dafür mehr Zeit zum Reflektieren eines bewegten Jahres. Zum Neuentdecken der Ursprünglichkeit von Weihnachten. Frei von Gewissensbissen drinnen hocken und sich des Lebens erfreuen. Kerzen entzünden und sich vom Zauber der Lichter hypnotisieren lassen. Achtsame Pausen in den Alltag integrieren. Lesen. Einen dampfenden Ingwertee schlürfen. Einen Freund anrufen und ihn daran erinnern, was ihn besonders macht. Dem Fremden Gehör schenken. Frieden schließen. Über Träume plaudern. Der Stille lauschen – sie kann laut sein. Meditieren. Tagebuch schreiben. Zum Instrument greifen. Was auch immer der Entspannung und der Besinnlichkeit zuträglich sein mag. Nicht umsonst steckt in Besinnlichkeit das Wörtchen „Sinn“.
„Geschenke sollen Freude machen“
Ach so, die Kurzgeschichte von Gott und dem Verstorbenen war noch nicht beendet: Auf die Klage des Mannes, sein Leben auf der Erde sei so schnell vergangen, entgegnet Gott: „Ob 80 Jahre lang sind oder kurz – es ist wie alles eine Frage der Sichtweise. Gewiss ist jedoch: Ein Leben ist immer als ein Geschenk gemeint. Geschenke sollen voller Neugier ausgepackt werden – und Freude bereiten.“
2 Comments
Vielen Dank für diese schönen Gedanken! Wir sollten uns wirklich viel häufiger hinterfragen, was wichtig ist, anstatt unsere Zeit damit zu verschwenden uns über Dinge aufzuregen, die wir nicht ändern können!
Danke für deinen Kommentar 🙂